«Ein Journalist sollte die Staatsmacht kritisch hinterfragen, nicht die Bürger»

In einem exklusiven Interview spricht Epoch Times mit dem Schweizer Schriftsteller, Journalisten und Kommunikationsberater Giuseppe Gracia. Als Publizist schreibt er für das Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung, Focus online, Welt und andere Medien. Zudem ist er Autor von 12 Büchern und PR-Berater – unter anderem in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Kirche. Er sagt: «Die heutigen Journalisten wollen die Gesellschaft gestalten und werden zu Aktivisten mit publizistischen Mitteln.»

Herr Gracia, Sie kommen aus dem Mediensystem, sind sozusagen ein lnsider. Sie sagen selbst: Die Corona-Berichterstattung der Medien ist sehr einseitig. Wie kommt das?

Es ist für viele wohl eine moralische Verantwortung. die Maßnahmen der Regierung im Kampf gegen die Pandemie zu unterstützen. Statt kritisch die Macht zu hinterfragen. macht man sich dann zum Sprachrohr der Regierung. weil man die Pandemie mitbekämpfen möchte. Maskenpflicht, Shutdowns, Lockdowns und weitere Freiheitsbeschränkungen: Das sind die propagierten Mittel gegen das Virus bei gleichzeitiger Marginalisierung von Kritik an diesem Kurs. Grundsatzkritik ist nicht mehr erwünscht.

Obwohl dieser Kurs bislang wenig gegen das Virus ausrichtet, während der wirtschaftliche und gesellschaftliche Schaden, der durch die Maßnahmen entsteht, enorm ist Nicht wenige Medien diffamieren Menschen, die Grunds3tzkritik üben, ob Wissenschaftler, Juristen, Politiker oder Kulturschaffende. Auch gibt es Hetze gegen Ungeimpfte. Tausende von Bürgerinnen und Bürget die auf die Straße gehen und protestieren, werden als Coronaleugner bezeichnet, als Wissenschaftsleugner, als rechts oder Nazi. Mir scheint es so, als ob die Journalisten suggerieren, es gäbe keine legitime, rational nachvollziehbare Opposition gegen Regierungsmaßnahmen. Dabei wäre für einen guten Journalismus nicht Bürgerkritik. sondern Staats- und Machtkritik fundamental. Das Ist eine besorgniserregende Entwicklung.

Abseits der Corona-Politik: Haben Sie eine Veränderung der Berichterstattung in der Medienlandschaft wahrgenommen? Inwiefern hat dies einen Einfluss auf dle Bürger?

Medienschaffende sollten möglichst sachlich berichten und sich mit keiner Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten. So jedcnfalls habe ich es gelernt. Heute wollen viele aber nicht nur berichten oder kommentieren, sondern etwas verändern. Sie wollen die Gesellschaft gestalten und werden zu Aktivisten mit publizistischen Mitteln.

Im angelsächsischen Raum nennen sie es inzwischen «transformativen Joornallsmus». Früher nannte man es «Haltungsjournalismus». Das bedeutet, die Gesellschaft nicht mehr zu beschreiben, nicht mehr zu sagen, was Ist, sondern die Gesellschaft zu verändern, eben zu transformieren. Es Ist auch volkserzieherlsch. Das spüren die Menschen, deswegen wächst das Misstrauen in die Medien.

Natürlich gibt es auch Redaktionen und Medienhäuser, die weiterhin seriös und sachlich arbeiten und die auch einen Pluralismus von Meinungen zulassen. Aber dieser Trend zum Aktivismus und zur Volksbelehrung, den kmm man nicht leugnen, man kann ihn überall beobachten, auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. In der Schweiz, in Deutschland, In Österreich vermutlich auch. Das sind volksbelehrende ßeilräge, die man sieht. Man kann auch nicht mehr zwischen Kommentar und Berichterstattung unterscheiden.

Diese Wendung ist schon sehr erstaunlich, wenn man bedenkt als es noch vor wenigen Jahrzehnten, In meiner Ausbildung zum Journalisten, geheißen hat: «Du musst Immer die Macht hinlerfragen, das ist eine wichlige Funktion». Heute wird eher der Bürger hinterfragt und nicht mehr die Macht. Das Ist schon eine seltsame Wandlung.

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