Der «International Congress of Papership Folding» und «Was ist eigentlich Literature-Research?»

Kapitel aus dem Buch «Der Rolltreppeneffekt» von Felix R. Paturi

Arbeitskreise, Gremien, Ausschüsse, Konsortien, Beiräte, Delegationen usw. beschäftigen sich gemeinhin mit der Bearbeitung fachlicher Fragen. Fast immer wird diese Bearbeitung fachlicher Themen fälschlich als Lösung fachlicher Probleme bezeichnet, und fast nie werden die eigentlichen fachlichen Probleme erkannt, geschweige denn gelöst. Problemlösungen werden von Sachbearbeitern, bestenfalls Sachbearbeiter-Teams erarbeitet oder, wenn auf höherer Ebene, von diktatorisch veranlagten oder intelligenten Einzelpersönlichkeiten geliefert. Die genannten Ausschüsse (die Bezeichnung «Ausschuß» paßt hier besonders gut, weil sie im Deutschen doppeldeμtig ist) hingegen lösen keine Probleme. Gelingt es ihnen, ein Problem zu erkennen, so finden sie keine Lösung, gelingt es ihnen, eine Lösung zu finden, dann haben sie das Problem nich richtig erkannt, oder es lag gar keines vor.

Fast immer aber befassen sich Ausschüsse mit der Bearbeitung fachlicher Fragen. Liegen keine vor, befaßt man sich mit der Frage, womit man sich befassen könnte. Auch das ist an sich ein fachliches Thema.

Die Zusammenkünfte von Ausschüssen heißen je nach Umfang und äußerer Form Tagung (besonders beliebt als «Klausur-Tagung»), Forum, Kongreß, Symposion, zuweilen auch schlicht Meeting.

Aus diesen Bezeichnungen resultierende, zusammengesetzte Begriffe w1e «18. Symposion des Gremiums für Applikationsfragen» werden oft mit Adjektiven noch verbrämt, die das Niveau (neudeutsch auch level) der Veranstaltung klassifizieren sollen. Solche überflüssigen Zusätze (überflüssig, da das Niveau immer ein hohes ist) bringen etwa die folgende Formulierung zustande: «18. Internationales Symposion des multilateralen Gremiums für Fragen wissenschaftlicher Applikationsstrategien».

Läßt sich das entstandene Sprachgebilde nicht mehr in einem Atemzug artikulierten oder in einer einzigen Zeitungsschlagzeile unterbringen, sprechen die sogenannten informierten Kreise oft nur schlidit von «den Gesprächen» oder etwa einem «Arbeitsessen».

In der Art des Vorgehens gleichen sich alle Ausschüsse wie ein Ei dem anderen. Zunächst wird ein Arbeitsthema festgelegt, das möglichst allgemein gehalten sein sollte und zumindest für die Ausschußmitglieder von einigem Interesse ist. Ein gutes Beispiel ist das Fachgebiet «Papership Folding». Es wird kaum einen Angehörigen des Kreises geben, der zu diesem Gebiet nicht auf Grund eigener Erfahrung Stellung nehmen könnte. Jeder weiß zumindest, um was es geht.

Ist das zu erörternde Thema gefunden, findet eine konstituierende Sitzung statt, in der die Satzung des Ausschusses festgelegt wird. Da diese allgemein bekannten Spielregeln folgt, sind dabei kaum Schwierigkeiten zu erwarten. Auch die Behandlung des Punktes «Aufgabe und Zweck des Ausschusses» bereitet in dieser Phase noch kein Kopfzerbrechen, da eine allgemeine Formulierung wie «Diskussion relevanter Gesichtspunkte des Papership Folding» hier völlig ausreicht.

Die zweite Zusammenkunft bewirkt eine gewisse Ernüchterung, besonders bei solchen Ausschußmitgliedern, die noch über keine große Erfahrung in der Arbeitsweise von Gremien oder aber über gesunden Menschenverstand verfügen. Man will diskutieren, findet aber keine Ansatzpunkte, da das Thema offenbar sehr komplex ist. (In Wirklichkeit ist es so oft so banal, daß schon deshalb jeder Ansatzpunkt fehlt.) Es wird beschlossen, zunächst Grundlagenforschung zu betreiben und einen detaillierten Plan für das weitere Vorgehen auszuarbeiten. Eben dieser Besschluß stellt aber einen gewissen Ansatzpunkt dar, und da es zugleich der einzige überhaupt denkbare ist, wird man über ihn auch nie hinauskommende. Je nach Zusammensetzung des Gremiums, Art des Themas und Fluktuationsrate der Gesprächspartner werden mehr oder weniger Sitzungen notwendig sein, um das festzustellen. Anschließend legt man die Arbeit nieder und wendet sich einem neuen Thema zu oder löst den Ausschuß auf.

Ein Beispiel möge das Gesagte illustrieren. Innerhalb einer bekannten deutschen technischen Interessengemeinschaft existiert seit Jahren ein «Arbe1tskre1s fur Elektronik», der sich (der Name sagt es) mit Elektronik befaßt.

Im Jahre 1965 sah sich der Arbeitskreis gewissen Kompetenzschwierigkeiten gegenübergestellt. Man versuchte folgerichtig, den Arbeitsbereich des Kreises abzustecken, was aber nicht ohne weiteres gelang, weil man sich nicht über eine Definition des Wortes Elektronik einig werden konnte. In der Tat ist eine solche Begriffsbestimmung nicht leicht, und da man dies erkannte, rief man innerhalb des Arbeitskreises Elektronik eine «Arbeitsgruppe für Terminologie im Arbeitskreis Elektronik. der besagten deutschen technischen Interessengemeinschaft ins Leben. Die erste und zunächst einzige Aufgabe dieser Arbeitsgruppe sollte es sein, den Begriff Elektronik zu klären.

Gewohnt, wissenschaftlich exakt zu arbeiten, ging man von Anfang an systematisch vor. Um Doppelarbeit zu vermeiden, bemühte man sich zunächst festzustellen, ob vielleicht eine brauchbare Definition des Wortes Elektronik bereits extistiere. Hierbei bediente man sich sehr ausgiebig der Technik der sogenannten «Literature-Research». (Zum besseren Verständnis und zur Orientierung des Lesers sei folgende Erklärung eingeschoben: Wer aus einem Buch abschreibt, begeht geistigen Diebstahl, wer aus mehreren Büchern abschreibt, betreibt Literature-Research. Auf diese Weise sind schon ganze Dissertationen entstanden.) Um keine Möglichkeiten zu übersehen, ging dem eigentlichen Literature-Research in diesem Fall noch ein ausgiebiges Quellenstudium voraus, dessen Ergebnisse in einem Memorandum zusammenströmten. Dieses lautete etwa so:

Die Literatur, in der sich die Suche nach einer Definition des Wortes Elektronik lohnt, läßt sich in drei Gruppen unterteilen:

a) allgemeine elektronische und elektrotechnische Fachliteratur

b) Veröffentlichungen anderer nationaler oder internationaler Arbeitskreise oder Gremien, die sich bereits früher mit dem Thema befaßt haben

c) Lexika.

Zu a) Eine nähere Untersuchung der Fachliteratur wurde verworfen, weil bei der Fülle des Materials nicht systematisch, sondern nur exemplarisch vorgegangen werden sollte.

Zu b) Dazu heißt es in dem Memorandum: «Stichproben» (nämlich in den Veröffentlichungen anderer ähnlicher internationaler und nationaler Organisationen) «haben ergeben, daß fast stets, wenn der Begrdf Elektronik vorkommt, er als bekannt vorausgesetzt wird … Der Verzicht bzw. das Umgehen einer ausdrücklichen Definition liegt durchaus nahe, so wie man es auch nicht für notwendig halten wird, den Begriff Elektrotechnik … zu definieren.»

Zu c) Einzig das Gebiet der Lexika erwies sich als fündig. Das mag in der Natur der Sache liegen, denn der Charakter eines Lexikons zwingt bekanntlich selbst dort zu Definitionen, wo eigentlich keine Definition möglich ist. Entsprechend vielseitig sind die Begriffsbestimmungen für ein und dasselbe Wort in verschiedenen Lexika. Sollten mehrere dieser Nachschlagewerke ungefähr dieselbe Definition gewählt haben, ist das fast regelmäßig auf die Folgen von Literature-Research, also fortgesetztem Abschreiben der Lexikonautoren voneinander, zurückzuführen.

Der Bedeutung der Kategorie c) entsprechend, wurde diese im Memorandum der Arbeitsgruppe nochmals unterteilt, und zwar in allgemeine Lexika und in technische Lexika. Nach reiflichen Überlegungen gelangt man zu dem Schluß, daß technische Lexika für den vorliegenden Zweck optimal sein können. Ob dort gefundene Definitionen wirklich akzeptabel sind, darüber wird schriftlich abgestimmt.

Das als Abstimmungsgrundlage dienende Rundschreiben an alle Mitglieder des Ausschusses endet mit einem Passus mit der Überschrift: «Bedenken zum Wirksamwerden der vorgeschlagenen Definition» und lautet: «… damit würden Definitionsversuche mehr oder weniger der Lächerlichkeit anheimfallen, da sie wegen der notwendigen Gründlichkeit stets hinter einer schrankenlosen Ausweitung aus untechnischen Gründen nach untechnischen Gesichtspunkten hinterherhinken und es dann besser ist, Definitionsversuche zu den Akten zu legen.» Nicht diese Erkenntnis verblüfft, sondern die Tatsache, daß es bereits zu diesem Zeitpunkt ein so weitschauendes Mitglied der Arbeitsgruppe gab, das diese Formulierung wagte. Natürlich wurde sie von den Beteiligten ignoriert, weil sie deren Existenzberechtigung in Frage stellte.

Es wurde also abgestimmt. Damit sich die Abstimmung lohnte, versuchte man zugleich mit dem Wort Elektronik noch die Begri:ffe Elektronische Bauelemente und Bauelemente der Elektronik (beides sind offenbar zwei sehr verschiedene Dinge) zu bestimmen. Wie sehr sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe vom Zwang zu einer echten Entscheidung überfordert fühlten, läßt sich daraus erkennen, daß erst nach einer sehr geschickt formulierten Mahnung alle Beteiligten ihre Stimmen abgaben. Das Ergebnis überrascht nicht:

  • mit allen Vorschlägen einverstanden: 4 Mitglieder
  • teilweise einverstanden: 8 Mitglieder
  • mit keinem Vorschlag einverstanden: 6 Mitglieder

Das ganze Vorhaben für sinnlos zu erklären, kam übrigens keinem der Stimmberechtigten mehr in den Sinn.

Statistiker unter den Lesern werden bemerkt haban, daß die Verteilung der Stimmen etwa der bekannten Gaußschen Glockenkurve entspricht, was besagt, daß das Ergebnis mehr von Zufalls- als von Denkprozessen abhängig gewesen sein muß.

Ein Jahr später: Bei Durchsicht aller Akten muß es jemandem aufgefallen sein, daß die Definitionsversuche des Begriffs Elektronik noch zu keinem erfolgreichen Ende gekommen waren. Niemand wußte warum, doch konnte jeder konstatieren, daß offenbar inzwischen keine Fortschritte in dieser Sache zu verzeichnen waren. Da man sich in der «Arbeitsgruppe für Terminologie im Arbeitskreis für Elektronik» in der schon oben namentlich nicht genannten, aber bekannten «deutschen technischen Interessengememschaft» auch weiterhin keine Fortschritte versprach, leitete man das Problem der Zuständigkeit halber der nächsthöheren Stelle, nämlich dem «Arbeitskreis Elektronik» zu. Warum, ist nur mit Parkinsonscher Logik zu erklären, denn eben aus diesem Arbeitskreis hatte sich ja der spezielle «Ausschuß für Terminologie» rekrutiert, und man hätte befürchten müssen, daß ein Erweitern des Kreises nicht gerade zur Vereinheitlichung der Meinungen beitragen würde. Man befürchtete jedoch nicht, sondern machte sich mit frischem Mut an die Arbeit.

Da das Thema keine deutlichen Ansatzpunkte für gezieltes Vorgehen erkennen ließ, kam man überein, zunächst Grundlagenforschung zu betreiben. Das war sicher sinnvoll, denn nunmehr beschäftigte das Problem eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die sich darüber bisher noch keine Gedanken gemacht hatten.

Es wurde ein Memorandum abgefaßt, das wesentlich umfangreicher und repräsentativer ausfiel als die Schrift, die man ein Jahr vorher zu Papier gebracht hatte. Man gelangte in diesem Aktenstück zu der Überzeugung, daß für die Definition folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien:

  • Veränderung der Menge, Richtung und Geschwindigkeit der Elektronen,
  • Geschwindigkeitsbeeinflussung der Elektronen durch die Raumladung,
  • … Hohlleiter,
  • Maser und Laser …
  • die Elektrizitätsleitung in Flüssigkeiten, die aber zu einem späteren Zeitpunkt. noch zu untersuchen sein wird.

Mit diesem Rahmen wurden die gewaltigen Dimensionen abgesteckt, die die Definitionsarbeit mittlerweile angenommen hatte. Zweifellos hat die Tatsache, daß die Arbeiten zu diesem Thema schon seit über einem Jahr liefen, deren Bedeutung gesteigert.

Nachdem sich der «Arbeitskreis Elektronik» seinerseits rund ein halbes Jahr mit dem gewichtigen Problem auseinandergesetzt hatte, konnte er eine Schrift vorlegen, die gleichsam einen Meilenstein im Fortgang der Bemühungen setzte. Sie hatte den Titel ‹Erläuterungen zur Begritfsbildung „Elektronik”›, umfaßte fünf Seiten, einen ausführliehen Anhang und begann mit dem signifikanten Satz: «In der Elektrotechnik wird seit mehreren Jahren der neue Begriff ‹Elektronik› angewandt. Seine Herkunft ist nicht genau zu ergründen.»

Im übrigen wurde in dieser Schrift nicht viel mehr gesagt, als in dem guten Dutzend schriftlicher Stellungnahmen, die schon vor einem Jahr existierten, nämlich, daß in der Literatur im allgemeinen keine, in Lexika einige Definitionen unterschiedlicher Qualität zum Begriff Elektronik zu finden seien. Neu war, daß man in einer zusätzlichen, vierten Quellenkategorie nach Hinweisen suchte – in amtlichen oder halbamtlichen Bestimmungen. Die beiden wörtlichen Zitate aus derartigen Publikationen ließen aber auch nur erkennen, daß deren Urheber ebenfalls Ausschüsse gewesen sein müssen. Sie lauten:

I. Aus der Verordnung über elektronische Ausrüstung für Luftfahrzeuge, § 1. 1. Bundesanzeiger, 11. 8. 62:

«Eine elektronische Anlage besteht aus einem oder mehreren elektronischen Geräten sowie Zubehörteilen. Ein elektronisches Gerät ist ein Gerät, das überwiegend aus elektronischen Baugruppen besteht. Eine elektronische Baugruppe enthält Bauelemente mit Elektronen-Emission oder Halbleitern.»

II. VDE 0411, Teil 1/2.66 (in § 2a):

«Elektronische Meßgeräte sind Geräte, die für Meßzwecke bestimmt sind* und bei denen von Elektronenleitung in Halbleitern, im Vakuum oder in Gasen Gebrauch gemacht wird.»

* Anmerkung des Autors: wofür sind nichtelektronische Meßgeräte bestimmt?

Nachdem man mit den ‹Erläuterungen zur Begriffsbildung „Elektronik”› und dem zugehörigen Anhang zu einem Abschluß, aber zu keinem Ergebnis gekommen war, weitete man das Thema etymologisch aus (was insofern von vornherein zum Scheitern verurteilt sein mußte, als man schon vor sehr geraumer Zeit festgestellt hatte, daß man nicht wisse, woher der Ausdruck Elektronik stamme). Man trieb also Sprachforschung und begann, da das Wort Elektronik selbst in dieser Hinsicht nicht ergiebig war, mit der Aufteilung der Elektrotechnik in zwei Hauptgruppen. Genaugenommen waren es sogar vier Hauptgruppen, zwei nach einem «klassischen» Aufteilungsschema, zwei nach einer «modernen» Gliederung. Man stellte dann wörtlich fest: «Elektronik durchzieht das Gesamtgebiet der Elektrotechnik.»

Offen gestand die eigens zu diesem Zweck verfaßte Schrift, daß auch die Aufteilung des Begriffs Elektrotechnik in verschiedene Gebiete keinen Hinweis auf den Begr1ff Elektronik zu liefern vermag. Nach diversen weiteren Überlegungen gelangte man schließlich zu der Formulierung:

«Fazit: Die vorliegende Feststellung berücksichtigt nicht den neuesten Stand der Technik» (was verständlich ist, da man erst Jahre nach Geburt des Wortes einen Definitionsversuch vornahm und allein dieser Versuch bis dahin fast zwei Jahre in Anspruch genommen hatte), «da jedoch zur Zeit keine allgemein zufriedenstellende Lösung gefunden werden kann … » Es folgte der Vorschlag, sich an die bereits vor 20 Monaten zur Diskussion gestellte Lexikon- Definition zu halten.

In der Folge zeigen die Akten einen erneuten schriftlichen Einwand: «Das Wort Elektronik ist durch Literatur und Werbung derart zum Schlagwort geworden, daß es für eine Definition, die allgemeine Anerkennung finden könnte, unbrauchbar geworden ist.»

Man müßte glauben, daß dieser, in der ganzen Geschichte der Definitionsversuche zweite sinnvolle Gedanke nunmehr hätte auf fruchtbaren Boden fallen müssen. Er wirkte sich aber lediglich als ein schwerer Schlag aus, von dem sich der Ausschuß erst ein halbes Jahr später erholte. Nach dieser sechsmonatigen Schaffenspause erkannte man wieder einmal die großen Schwierigkeiten der Aufgabe, fühlte sich tm Problem nicht mehr gewachsen und hielt es daher für bedeutungsvoll genug, den Vorgang zuständigkeitshalber an das Präsidium des Dachverbandes zur Bearbeitung und Entscheidung auf höchster Ebene weiterzuleiten.

Die Akten waren mittlerweile so umfangreich geworden, daß sie alle sachbezogenen Grundfragen und Grundlagen verschüttet hatten. Die überreichten Dokumente konnten als Selbstzweck angesehen werden. Man begann, sie, besonders gestützt auf die schriftlich fixierten Ergebnisse von wiederholten Meinungsumfragen bei allen bisherigen Bearbeitern, statistisch auszuwerten. Und da ein und dieselbe Statistik allein schon nach einer unerschöpflichen Fülle von Gesichtspunkten immer wieder neu erstellt werden kann, lieferte die Arbeit wiederum viel Papier, jedoch keine Definition des Begriffes Elektronik.

Nach reichlich bemessener Zeit bekannte sich auch das Präsidium des Dachverbandes als inkompetent und wollte den Vorgang an die zuständige Stelle zur Entscheidung weiterleiten. In der Organisation gab es jedoch keine übergeordnete Stelle. Das zwang zu einer echten Führungsentscheidung: Man entschloß sich, den Vorgang außer Haus bearbeiten zu lassen. Heute liegen, wenn nicht mittlerweile der Zuständigkeit halber weitergeleitet, die Unterlagen beim Deutschen Normenausschuß.

Was aber ist aus der «Arbeitsgruppe für Terminologie im Arbeitskreis Elektronik» der einschlägigen deutschen technischen Interessengemeinschaft geworden? Dreieinhalb Jahre nach der Aufnahme ihrer Tätigkeit und zwei Jahre nach ihrer letzten Zusammenkunft schrieb ein Mitglied des Ausschusses an ein anderes (mit Durchschlag an alle Beteiligten), es /Mas Mitglied) wisse nicht, ob ein Weiterbestehen der «Arbeitsgruppe Terminologie» sinnvoll sei. Seit dem Versuch einer Definition des Begriffes Elektronik aus dem Jahre 1965 lägen keine weiteren Angaben vor. Da sich aber in den letzten drei Jahren auch ohne Tätigkeit der «Arbeitsgruppe für Terminologie» in der Elektrotechnik kein fühlbarer Mangel gezeigt habe, müsse wohl ein pragmatisch denkender Mensch daraus die letzte Konsequenz ziehen und die Gruppe auflösen.

Dieser Brief, aber auch die übereinstimmende, jedoch nicht schriftlich niedergelegte Erkenntnis mancner anderer Mitglieder des Ausschusses, machen deutlich, welch tiefen Sinn die Arbeit von Gremien birgt: sie kann zur Selbsterkenntnis führen.

Da aber Selbsterkenntnis kein einmaliger Vorgang ist, sondern sich periodisch oder aperiodisch wiederholt, wurde Anfang 1970 die «Arbeitsgruppe für Terminologie im Arbeitskreis Elektronik» von derselben deutschen technischen Interessengemeinschaft wieder ins Leben gerufen.

Der «International Congress of Papership Folding» wird nie sterben. Er wird Kritiker finden, aber kein Ende, weder in der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Kirche oder Politik noch bei den ernsthaften Bemühungen, Karnevalssitzungen gegen den tierischen Ernst zu veranstalten.


Felix R. Paturi bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_R._Paturi
Buckritik bei Spiegel.de: https://www.spiegel.de/wirtschaft/zeit-zum-schweben-a-b3192d7e-0002-0001-0000-000042953643

Veröffentlicht in Humor

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